CRITICAL FRIENDS – interdisziplinäre Perspektiven
In einer Ära, die von kontinuierlichen Herausforderungen im ökologischen, ökonomischen und sozialen Gefüge geprägt ist, scheint die Krise zur Norm geworden zu sein. Der Klimawandel bedroht nicht nur unsere Lebensgrundlage, sondern auch die Artenvielfalt und das ökologische Gleichgewicht. Gleichzeitig führen Armut und die Ausbeutung des globalen Südens zu Migrationsströmen und dem wirtschaftlichen Niedergang ganzer Regionen. Die Bewältigung dieser komplexen Probleme erfordert einen umfassenden Ansatz, und eine vielversprechende Initiative, die sich diesem Wandel widmet, ist die gemeinnützige GmbH „CRITICAL FRIENDS“.
Im Gespräch mit Susanne Schöb erläutern wir, warum junge Menschen als Schlüsselakteur*innen für diese Transformation betrachtet werden, was genau unter dem Begriff „Beautiful Economy“ zu verstehen ist und welche relevanten Inhalte in der CRITICAL FRIENDS Akademie vermittelt werden.
Liebe Su, Du bist eine der Mitbegründerinnen von CRITICAL FRIENDS. Was waren die Beweggründe für die Gründung Eurer gemeinnützigen GmbH und wer sind Deine Mitstreiter*innen?
Du hat es in Deiner Einführung schon vorweggenommen: Wir leben in einer Zeit multidimensionaler Krisen, für die wir keine Lösung kennen. Was wir wissen, ist, dass das Wirtschaftssystem Teil des Problems und Schlüssel zur Lösung zugleich ist. Wir brauchen neue Ideen für unsere gemeinsame Zukunft und es sind junge Menschen, die diese Perspektiven am leidenschaftlichsten mitentwickeln.
Ich selbst bin eigentlich fachfremd als Gesellschaftswissenschaftlerin. Aber auch die großen Beratungen haben verstanden: Es braucht interdisziplinäre Perspektiven auf Wirtschaft. Als Nachhaltigkeits- und Innovationsberaterin war ich in Unternehmen aktiv und hatte einen Draufblick auf alte Konzernstrukturen, Lehmschichten und Innovationsbremsen. Auf der anderen Seite habe ich als TEDxYouth Kuratorin in München immer Draht zu den jungen Visionär*innen und Denker*innen unserer Zeit gehabt.
Diese beiden Welten zusammenzubringen, Brücken zwischen Generationen und Wertvorstellungen zu bauen und damit Veränderung in Unternehmen zu bringen, ist Kern von CRITICAL FRIENDS.
Und das repräsentieren wir auch in unserem Gesellschafter*innen- Team. Mit meiner Co-Gründerin Anna teile ich mir die Geschäftsführung. Sie ist eigentlich Wirtschaftsingenieurin und Materialwissenschaftlerin und hat bei BMW das Thema Kreislaufwirtschaft in der Lieferkette als interner CRITICAL FRIEND vorangetrieben. Ihre Herausforderungen und Erfolge waren die Blaupause unserer Changemaker Akademie.
Der Dritte im Bunde ist Florian Zibert, die “Grauschläfe” in unserem Team (wie er selbst sagt). Er fungiert als Mentor, Unterstützer und Draht in die Wirtschaft, ist mehrfacher Gründer und TEDxYouth @München Organisator.
Mittlerweile sind wir aber 35 junge Mitstreiter*innen, die an unserer Vision einer Beautiful Economy arbeiten.
“Wir leben in einer Zeit multidimensionaler Krisen, für die wir keine Lösung kennen.”
Susanne Schöb
Euer Unternehmen ist in drei Bereiche aufgeteilt. Welche sind das?
CRITICAL FRIENDS ist eine interdisziplinäre Gemeinschaft aus 35 jungen Spezialist*innen mit der Vision einer Beautiful Economy, die als Think Tank zusammenarbeiten. CRITICAL FRIENDS ist eine Akademie zur Ausbildung junger Changemaker, um konstruktiv die Transformation von Organisationen von innen heraus voranzutreiben. CRITICAL FRIENDS setzt Impulse in Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Unternehmen mit Blick auf Transformations-Bemühungen.
CRITICAL FRIENDS setzt auf Transformationen durch Bildung. Welche Inhalte vermittelt Ihr in Eurer Akademie den Teilnehmerinnen und Teilnehmern? Wer soll sich am besten noch heute um eine Teilnahme bewerben?
In unserer Anfangszeit haben wir schnell gelernt – es ist wichtig zu inspirieren, doch echte Transformation gelingt am besten von innen. Es sind die eigenen jungen Mitarbeitenden, die Unternehmen zukunftsfähig machen. Deshalb haben wir die CHANGEMAKER AKADEMIE ins Leben gerufen.
Sie richtet sich an junge, konstruktive Talente, die Veränderungstreiber*innen sind und darin im Zuge unseres Fort- und Weiterbildungsprogramms gestärkt werden. Ziel ist es, Transformation im Unternehmen zu professionalisieren. So wie es heute Nachhaltigkeitsmanager*innen gibt – braucht es auch Personen im Unternehmen, die Transformation verstehen, begleiten und initiieren können.
In unserem 6-monatigen Programm finden sich sechs Module. Die Teilnehmer*innen werden durch hochqualifizierte Coaches in ihrer persönlichen Entwicklung gestärkt, bekommen ein generalistisches Fachwissen aus zukunftsweisenden Wirtschaftsfeldern und verfügen nach dem Programm über praxisorientierte Instrumente, um Ideen voranzubringen. Zudem bauen sie ihre Change Management-, Führungs-, Kommunikations- und Moderationsfähigkeiten aus. In zwei Praxisübungen und Challenges, wird das Erlernte direkt im Unternehmen implementiert.
Nun bleibt die Frage, wer sich heute noch bewerben soll. Es sind Personen mit Feuer im Herzen für Veränderung und neuen Ideen innerhalb von Unternehmen, aber auch Privatpersonen, die durch ihre Tätigkeit Veränderung in die Gesellschaft bringen wollen. Wir arbeiten als Fort -und Weiterbildungsprogramm, aber auch mit Unternehmen jeder Größe zusammen, die uns ihre internen Changemaker schicken oder mit denen wir interne eigene Kohorten durchführen.
Die Idee von CRITICAL FRIENDS ist die Transformation der Wirtschaft hin zu einer BEAUTIFUL ECONOMY. Was bedeutet der Begriff für Dich und wie kann dieser große Change Prozess gelingen?
Eine Beautiful Economy ist eine Wirtschaft, in der multidimensional Wert geschöpft wird. Angelehnt an den Nachhaltigkeitsbegriff, wird Wert nicht nur an einer Dimension, dem Profit gemessen, sondern auch an der Wertschöpfung in den Bereichen Planet, People und Product.
BEAUTIFUL ECONOMY ist die Vision unseres Unternehmens und als Vision natürlich nicht komplett ausdefiniert. Unser Thema und der Gegenstand unserer Arbeit im Think Tank sind die Hebel, also der Weg vom Heute ins Morgen. Dafür gibt es variable Lösungsansätze, wie die Kreislaufwirtschaft, Stakeholdervalue, Impact Investing, Cooperation & Innovation etc. Mit all diesen Themen und noch vielen weiteren setzen wir uns in unserer Arbeit auseinander.
"Die große Veränderung ist nur gemeinsam möglich. Deshalb ist der Maßstab unsere Wirksamkeit, Personen und Unternehmen, die wir inspirieren konnten, neue Wege zu gehen. Hin zu einer Beautiful Economy."
Susanne Schöb
Als aufstrebendes Unternehmen befindet sich CRITICAL FRIENDS noch in den Anfängen seiner Entwicklung. Wenn Du in fünf Jahren auf die bisherige Arbeit mit CRITICAL FRIENDS zurückblickst, welchen positiven Einfluss möchtet Ihr auf die umfassenden Veränderungen erreicht haben?
Im Think Tank ist es unser Anspruch die Denker*innen unserer Zeit zu bündeln und innovative Lösungen zu entwickeln, die anwendbar sind. Ich möchte mit CRITICAL FRIENDS die große Veränderung anfassbar machen und Brücken bauen zwischen Wirtschaft und Zivilgesellschaft, Fachgebieten, Generationen, Ideen und Wertvorstellungen.
Die große Veränderung ist nur gemeinsam möglich. Deshalb ist der Maßstab unsere Wirksamkeit, Personen und Unternehmen, die wir inspirieren konnten, neue Wege zu gehen. Hin zu einer Beautiful Economy.
Den größten Einfluss werden wir aber durch die Teilnehmenden unserer CHANGEMAKER AKADEMIE erzielen. Jene, die ihr Unternehmen am besten kennen und deshalb richtig etwas voranbringen.
Zum Schluss möchte ich Dir noch eine persönliche Frage stellen. Die Hiobsbotschaften nehmen nicht ab. Besonders das Jahr 2023 hatte diesbezüglich einiges zu bieten. Wie schaffst Du es für Dich persönlich, den Glauben an einen möglichen Wandel zu bewahren? Welche Quellen der Motivation befähigen Dich dazu, Dich mit Hingabe einzusetzen?
“Einiges zu bieten” ist mir etwas zu sarkastisch. Sarkasmus ist für mich der falsche Ansatz und lässt den Glauben an den Wandel schwinden. Wir sollten den Krisen unserer Zeit realistisch und klug begegnen. Mir gibt es Kraft, Verbündete gefunden zu haben, die ebenso denken und handeln.
Ich glaube an den Wandel, denn ich sehe all die Erfolge, die wir als CRITICAL FRIENDS in den letzten zwei Jahren erzielt haben. Es ist der kleine Schritt des Mittelständlers, der Mittelständlerin, in der Region, der mir Hoffnung macht.
Aber auch die Erfolge auf EU-Ebene, wie die Verabschiedung des European Green Deals. Die Regulatorik ist schon da. Da braucht es dann auch keine Hoffnung mehr. Und Unternehmen, die heute “vor der Welle schwimmen”, werden die Gewinnenden von Morgen sein.