Eine Stadt mit Weitblick: Gersthofen setzt Maßstäbe im kommunalen Klimaschutz

Im Herzen Schwabens, nur einen Steinwurf von Augsburg entfernt, schreibt die Stadt Gersthofen ihre eigene Zukunftsgeschichte. Während die historischen Wurzeln tief reichen, richtet sich der Blick dieser Kommune entschlossen nach vorn. Mit einem beeindruckenden Portfolio an Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsinitiativen hat sich Gersthofen als Vorreiter in der Region etabliert. Was hinter diesem ambitionierten Engagement steht und welche Visionen die Stadt antreiben, darüber sprachen wir mit Michael Wörle, dem Bürgermeister der Stadt Gersthofen.
Herr Wörle, Gersthofen präsentiert sich als Stadt mit klarem ökologischem Profil. Von innovativen Mobilitätskonzepten wie der Lastenradförderung über Deutschlands grünsten Bahnhof bis hin zur umfassenden Solarförderaktion – die enkeltaugliche Stadt scheint mehr als nur ein Schlagwort zu sein. Was war der Auslöser für diesen konsequenten Weg in Richtung Nachhaltigkeit?
Nachhaltigkeit ist für uns keine Modeerscheinung, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und als Kommune tragen wir hier eine besondere Verantwortung. Uns war früh klar, dass wir als Stadt aktiv dazu beitragen müssen, die Lebensgrundlagen auch für kommende Generationen zu sichern. Als Mitglied im Energie- und Umweltausschuss des Deutschen Städtetags sehe ich, wie viel Potenzial gerade auf lokaler Ebene vorhanden ist. Mir ist es ein persönliches Anliegen, gute Beispiele zu schaffen und konkrete Maßnahmen umzusetzen, die spürbar wirken.
Das Nachhaltigkeitsfest 2025 hat in der Region für Aufmerksamkeit gesorgt. Können Sie uns einen Einblick geben, wie diese Initiative entstanden ist? Welche Momente haben das Fest besonders geprägt?
Die Idee zum Nachhaltigkeitsfest entstand aus dem Wunsch, das Thema Nachhaltigkeit greifbar und erlebbar zu machen und das möglichst niedrigschwellig und für alle Altersgruppen. Uns ging es darum zu zeigen, wie vielfältig nachhaltiges Handeln sein kann: vom fairen Einkauf über klimafreundliche Mobilität bis hin zu zukunftsfähigen Energielösungen. Besonders geprägt wurde das Fest durch die starke Beteiligung aus der Region: Lokale Akteurinnen und Akteure, Vereine, Schulen und Betriebe waren mit eigenen Ständen, Aktionen und Ideen vor Ort.
"Nur wenn eine Stadt weiß, wo und in welchem Umfang Treibhausgase entstehen, kann sie gezielt Maßnahmen planen, priorisieren und ihre Fortschritte messen."
Michael Wörle, Erster Bürgermeister
Gersthofen hat seine Klimaschutzstrategie in acht strategische Handlungsfelder gegliedert, wobei der Klimaschutz in der Stadt sowie in der Verwaltung zwei zentrale Säulen bilden. Welche Rolle spielt dabei die städtische CO₂-Bilanz als Steuerungsinstrument, und nach welcher Methodik wurde diese entwickelt?
Die Erstellung von städtischen CO₂-Bilanzen ist eine zentrale Grundlage für kommunalen Klimaschutz. Nur wenn eine Stadt weiß, wo und in welchem Umfang Treibhausgase entstehen, kann sie gezielt Maßnahmen planen, priorisieren und ihre Fortschritte messen. Eine CO₂-Bilanz schafft Transparenz, unterstützt die strategische Steuerung und ist ein wichtiges Instrument zur Kommunikation mit Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit.
Die CO₂-Bilanz wurde mithilfe der BISKO-Methodik – also der Bilanzierungssystematik Kommunal – erstellt, da sie sich besonders gut für Kommunen eignet, weil sie speziell für deren Strukturen entwickelt wurde. Sie ermöglicht eine standardisierte, vergleichbare sowie methodisch konsistente Erfassung von Emissionen auf kommunaler Ebene. Dadurch können Kommunen ihre Daten über Jahre hinweg vergleichen und Fortschritte sichtbar machen.

"Ein besonders spannendes Feld ist für mich der Bereich Wasserstoff. [...] Wasserstoff wird eine zentrale Rolle im Energiemix spielen – nicht nur für die Industrie, sondern auch für den Umbau unserer Wärmeversorgung."
Michael Wörle, Erster Bürgermeister
Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind keine Ziellinien, sondern kontinuierliche Entwicklungspfade. Welche Themen liegen Ihnen persönlich besonders am Herzen, die Sie in naher Zukunft voranbringen möchten? Wo sehen Sie die größten Herausforderungen, aber auch Chancen für Gersthofen?
Besonders am Herzen liegt mir der Umbau unserer Innenstadt zu einem klimaresilienten Stadtraum. Mehr Grünflächen und ganzjährig attraktive Aufenthaltsbereiche sind nicht nur ein Beitrag zum Klimaschutz, sondern steigern auch spürbar die Lebensqualität für alle Menschen in Gersthofen.
Ein weiterer Schwerpunkt ist der Ausbau regenerativer Energieerzeugung auf unserem Stadtgebiet, etwa durch Photovoltaik oder perspektivisch auch Windkraft. Hier wollen wir noch entschlossener vorangehen und unsere lokalen Potenziale besser nutzen.
Ein besonders spannendes Feld ist für mich der Bereich Wasserstoff. Als starker Wirtschaftsstandort ist Gersthofen auf zukunftsfähige Energielösungen angewiesen. Wasserstoff wird eine zentrale Rolle im Energiemix spielen – nicht nur für die Industrie, sondern auch für den Umbau unserer Wärmeversorgung. Wir wollen hier weiterhin Vorreiter sein und zeigen, wie technologische Innovation und kommunale Verantwortung Hand in Hand gehen können.