Mutig vorangehen statt zurückweichen – Hermann Sonntag über Naturparks, Nachhaltigkeit und notwendige Veränderungen

Wir haben nicht nur das Privileg, für spannende Kunden zu arbeiten, sondern freuen uns besonders über die Zusammenarbeit mit inspirierenden Menschen in verschiedensten Projekten. Mehrfach waren wir bereits mit Hermann Sonntag unterwegs, einem Biologen und dem Gründer von sonntagplus aus Wattens bei Innsbruck, um uns gemeinsam dem facettenreichen Thema Biodiversität zu widmen. Hermann blickt auf eine beeindruckende Karriere zurück: Als erster Mitarbeiter des Naturparks Karwendel und später dessen Geschäftsführer hat er maßgeblich zum Schutz dieser einzigartigen Alpenlandschaft beigetragen.
Wie kam es dazu, dass Du der erste Karwendel-Mitarbeiter wurdest, und was waren Deine Aufgaben?
Im Jahr 2006 entschied das Land Tirol, große Schutzgebiete nicht mehr rein hoheitlich zu verwalten, sondern die Zusammenarbeit in den Regionen durch lokale Naturpark-Vereine zu stärken. Nach erfolgreicher Bewerbung durfte ich als erster Mitarbeiter den Naturpark von Grund auf aufbauen. Mein erster Schritt war eine Rundreise durch alle 15 Gemeinden, um deren Ideen und Vorstellungen kennenzulernen. Auf dieser Basis entwickelte ich für den Vorstand konkrete Vorschläge für unmittelbare Maßnahmen und initiierte parallel einen Prozess für ein umfassendes 5-Jahres-Programm.
"Besonders wichtig ist mir, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die komplexen ökologischen Zusammenhänge verständlich zu machen."
Hermann Sonntag
Ein besonderes Anliegen sind Dir Naturführungen. Was können Deine Gäste erwarten und welche Dinge sind Dir wichtig zu vermitteln?
Bei meinen Führungen geht es mir nicht nur darum, meine persönliche Faszination für die heimischen Lebensräume und deren Bewohner weiterzugeben. Besonders wichtig ist mir, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die komplexen ökologischen Zusammenhänge verständlich zu machen. Und eines kann ich versprechen: Sie erleben dabei meinen vollen Einsatz!
Mit sonntagplus hast Du Dein eigenes Unternehmen gegründet. Was war hier Deine Intention? Für wen bist Du nun tätig und was sind Deine Angebote?
Nach 15 intensiven Jahren des Aufbaus stellte ich mir die Frage, was ich für den Naturpark noch erreichen kann oder ob es Zeit für etwas Neues ist. Ich entschied mich, meine praktischen Erfahrungen in der Organisationsentwicklung durch ein eigenes Unternehmen weiterzugeben. Heute unterstütze ich Schutzgebiete und Regionen bei ihrer Entwicklung und beim Projektmanagement. Zusätzlich bin ich in der Naturvermittlung aktiv und arbeite als Referent bei verschiedenen Ausbildungsprogrammen.
"Ich halte es für einen riesigen, beinahe historischen Fehler der EU-Verantwortlichen, im Nachhaltigkeitsbereich solche Rückschritte einzuleiten anstatt mutig voranzugehen."
Hermann Sonntag
Die innovative Idee des Green Deals der Europäischen Union wird derzeit immer weiter aufgeweicht. Durch den Omnibus gilt die Verpflichtung zur Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts nur noch für große Konzerne. Auch andere ökologische und soziale Standards werden zugunsten kurzfristiger finanzieller Erfolge abgeschwächt. Du siehst fast täglich die Auswirkungen im Alpenraum. Was ist hier Deine persönliche Meinung dazu?
Ich halte es für einen riesigen, beinahe historischen Fehler der EU-Verantwortlichen, im Nachhaltigkeitsbereich solche Rückschritte einzuleiten anstatt mutig voranzugehen. Die Konsequenz ist, dass echte Innovation im Umweltschutz inzwischen größtenteils in anderen Teilen der Welt stattfindet!
Die berühmte Fee mit den drei Wünschen ist uns leider noch nicht begegnet. Dennoch würde ich Dich bitten, drei Wünsche speziell für die ökologische Zukunft Deiner Heimatberge zu formulieren.
Eine konsequentere Raumordnung, die dem Bodenverbrauch endlich wirksam Einhalt gebietet.
Klimafitter, vielfältiger Waldbau und mehr Raum für wilde, naturbelassene Wälder.
Großflächiger Schutz und systematische Renaturierung von Mooren als wichtige CO₂-Speicher und Lebensräume.
Hermanns Engagement zeigt eindrucksvoll, wie persönlicher Einsatz und fachliche Expertise den Naturschutz im Alpenraum voranbringen können. Seine Erfahrungen und seine kritische Perspektive sind für unsere Arbeit bei Zukunftswerk eine wertvolle Inspiration. Wir hoffen, auch 2026 mit Hermann unterwegs sein zu dürfen.
