Willkommen: Julia von Esebeck über Nachhaltigkeit, Verantwortung und Zukunftsperspektiven

Matthias Reichhart
vor 1 Woche8 min. Lesezeit

Nachhaltigkeit war lange Zeit ein Thema, das vor allem von Überzeugungstäter*innen vorangetrieben wurde. Doch die Zeiten ändern sich: Die gesetzlichen Rahmenbedingungen, zukünftige Risiken und Chancen sowie die wachsenden Erwartungen der Konsumentinnen und Konsumenten machen Nachhaltigkeit zu einer entscheidenden Säule in der Unternehmensstrategie. Ab dem neuen Jahr begrüßen wir unsere neue Mitarbeiterin Julia von Esebeck, die wir euch hier gerne vorstellen möchten.

Liebe Julia, wir freuen uns sehr, dass du unser Team Nachhaltigkeit bei Zukunftswerk künftig mit deiner Arbeit und deiner Erfahrung unterstützen wirst! Deine Expertise wird unseren Kunden sicherlich einen großen Mehrwert bieten. Könntest Du uns bitte einen Einblick geben, welche spezifischen Kenntnisse und Fähigkeiten du in das Team einbringst? Was dürfen unsere Kunden von dir erwarten, wenn es um nachhaltige Strategien und Lösungen geht?

Ich freue mich sehr nun bei Zukunftswerk zu sein!

Die notwendige Grundlage für meine Arbeit im Bereich Nachhaltigkeit konnte ich mir während meinem Bachelor in VWL in Konstanz und meinem Master in Nachhaltiger Entwicklung in Basel aneignen. Besonders prägend war dabei mein interdisziplinärer Masterstudiengang, der mir die Fähigkeit vermittelt hat, unterschiedliche Perspektiven und Lösungsansätze aus verschiedenen Fachrichtungen zu analysieren und integrieren. Diese Kompetenz hat sich in meiner beruflichen Praxis als unverzichtbar erwiesen, da in Nachhaltigkeitsprojekten oft verschiedenste Abteilungen und Stakeholder – mit oftmals nicht unbedingt konvergenten Ansichten und Meinungen – involviert sind.

Nach meinem Studium habe ich wertvolle Berufserfahrungen in diversen Rollen und Unternehmen gesammelt, die mein Wissen und meine Fähigkeiten gezielt erweitert haben:
•       Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Basel: Hier lag mein Schwerpunkt auf der Forschung im Bereich Umwelt- und Ressourcenökonomie. Ich konnte nicht nur meine analytischen Fähigkeiten ausbauen, sondern auch ein tiefes Verständnis für wissenschaftlich fundierte Lösungsansätze entwickeln.

 

"Ich habe [...] an Sitzungen der Europäischen Kommission teilgenommen, um die Integration von Umweltthemen in technische Standards aktiv mitzugestalten. Diese Erfahrungen haben mir ein tiefes Verständnis für regulatorische Prozesse vermittelt."

Julia v. Esebeck

•       Projektleiterin in einer Züricher Beratung im Bereich Energieeffizienz: In dieser Rolle war ich direkt für die Entwicklung, Planung und Umsetzung von Beratungsprojekten verantwortlich und habe mit Kunden verschiedener Branchen zusammengearbeitet. Ein besonderer Schwerpunkt meiner beruflichen Tätigkeit lag hier auf der Auseinandersetzung mit europäischen Standards, insbesondere im Bereich Energie- und Ressourceneffizienz. Ich habe beispielsweise an Sitzungen der Europäischen Kommission teilgenommen, um die Integration von Umweltthemen in technische Standards aktiv mitzugestalten. Diese Erfahrungen haben mir ein tiefes Verständnis für regulatorische Prozesse vermittelt. Dies wird insbesondere für meine Arbeit im Bereich der CSRD-Berichtspflicht hilfreich sein.

•       Nachhaltigkeitsmanagerin in einem mittelständischen Unternehmen: In dieser neu geschaffenen Position war ich dafür verantwortlich, das Thema Nachhaltigkeit in direkter Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung in die unternehmerische Praxis sowie strategisch in die verschiedenen Geschäftsbereiche einzubinden.

Mit Blick auf mein Studium und meine bisherigen beruflichen Erfahrungen, können Kunden von mir erwarten, dass ich sowohl strategisch als auch operativ agieren und mich flexibel auf unterschiedlichste Unternehmensstrukturen und Branchenanforderungen einstellen kann. Mein Ziel ist es, gemeinsam mit allen Beteiligten nachhaltige und umsetzbare Lösungen zu erarbeiten, die einen echten Mehrwert schaffen.

Du hast einen beeindruckenden Werdegang und hast mehrere Jahre im Ausland gelebt. Welche Erfahrungen hast du in Bezug auf das Thema Nachhaltigkeit in den Ländern gemacht, in denen du gelebt hast? Gab es bestimmte Ansätze oder Praktiken, die dir besonders aufgefallen sind und die du als inspirierend empfindest? Wir würden gerne mehr darüber erfahren, wie diese Erlebnisse deine Sichtweise auf Nachhaltigkeit geprägt haben!

Das ist richtig: Tatsächlich habe ich rund 10 Jahre im Ausland gelebt, u.a. in England, Spanien und zuletzt 8 Jahre in der Schweiz.

Insbesondere aus meiner Zeit in der Schweiz habe ich viel mitgenommen. Durch meinen Master in Nachhaltiger Entwicklung und meine anschließenden Jobs im Bereich Nachhaltigkeit, konnte ich mir ein großes berufliches Netzwerk aufbauen, vor allem an Menschen, die eine ähnliche Einstellung bezüglich Nachhaltigkeit haben. Man kann die Schweiz aber sicherlich auch ganz anders erleben, als ich es in diesen Jahren getan habe…

Auffallend war für mich die unheimliche Präsenz der Hochschulen (in Zürich natürlich insbesondere durch die ETH und die angegliederten Forschungsinstitute) und der damit verbundenen Forschung im Bereich Nachhaltigkeit. Es wird unglaublich viel Geld investiert, um in der Nachhaltigkeitsforschung ganz vorn mit dabei zu sein. Entsprechend habe ich während meiner Zeit dort auch sehr viele inspirierende, großartige Menschen getroffen, die mit ihren Ideen und ihrem Wissen zu einer Veränderung beitragen wollen.

"Da die Schweiz ein kleines Land ist, kannte man sich im Nachhaltigkeitsbereich, der Forschung wie auch der Praxis, sehr schnell über verschiedene Städte hinweg. Dies ist natürlich sehr hilfreich, wenn es darum geht Synergien in Projekten zu nutzen oder sich gegenseitig zu unterstützen."

Julia v. Esebeck

Zudem wird in meinen Augen der Netzwerkgedanke sehr stark gelebt und genutzt. Da die Schweiz ein kleines Land ist, kannte man sich im Nachhaltigkeitsbereich, der Forschung wie auch der Praxis, sehr schnell über verschiedene Städte hinweg. Dies ist natürlich sehr hilfreich, wenn es darum geht Synergien in Projekten zu nutzen oder sich gegenseitig zu unterstützen.

Auf der sozialen Ebene sind mir zwei Dinge in bleibender Erinnerung: In verschiedenen Städten gibt es Quartierszentren. Quartierszentren sind schöne Orte der Begegnung, verteilt über die ganze Stadt, pro Quartier (Stadtviertel) meist eines. An diesen Orten kann man Kaffee trinken und es gibt meist ein vergünstigtes Mittagsmenü sowie eine Spielecke für Kinder. Man lernt Menschen aus dem Viertel kennen – hier wieder der Netzwerk- oder Gemeinschaftsgedanke. Ein Treffpunkt für Alt und Jung und oft ein bunter Mix aus verschiedenen Nationalitäten.

Ein weiteres Beispiel, das ich nach wie vor in Deutschland vermisse: Während meiner Zeit in Basel habe ich mich der Kompoststelle aus meinem Viertel angeschlossen. In jedem Viertel in Basel gibt es einen Platz, an dem man als Mitglied seinen Kompost immer samstags entsorgen kann. Alle Mitglieder dieser Kompoststelle sorgen gemeinsam dafür, dass aus dem Kompost Erde wird und die Erde wieder verwendet werden kann. Das heißt ganz konkret, dass auch ich, wenn ich an der Reihe war, mit Spaten und Schaufel den Kompost der anderen Bewohner*innen angenommen und zerhackt – und dabei viele nette Leute aus dem gleichen Viertel kennen gelernt habe.

"Ich habe den Wunsch, dass die Bewahrung der Natur und die damit für uns verbundenen Einschränkungen, nicht als Verzicht, sondern als unerlässliche Maßnahme gesehen wird, die es JETZT braucht, damit wir weiterhin ein gutes Leben auf der Erde führen können.  "

Julia v. Esebeck

Die Welt verändert sich, und die Unsicherheiten nehmen zu. Als Mutter von zwei Kindern hast Du sicherlich ganz besondere Perspektiven auf die Zukunft. Welche Utopien würdest du dir für deine Kinder wünschen, damit sie in einer besseren Realität aufwachsen können? Welche Werte und Veränderungen sind dir wichtig, um eine nachhaltige und gerechte Welt für die nächste Generation zu schaffen?

Seitdem ich Mutter bin, mache ich mir über unsere Zukunft nochmal ganz andere Gedanken. Ich habe Sorgen und viele Wünsche und versuche mich, vor allem momentan, in Zuversicht zu üben.

Ich wünsche mir für meine Kinder, dass Sie in einer Welt leben, in der die Menschen endlich den unglaublichen Wert, den die Natur für uns Menschen als Lebensgrundlage bereithält, sehen und ernst nehmen. Dass der Erhalt der Natur wichtiger wird als die Ausbeutung. Dass die Schönheit der Natur bewahrt wird und wir eine tiefe Dankbarkeit der Natur gegenüber entwickeln.

Ich tue mir schwer damit, wenn Menschen, die die finanziellen Ressourcen hätten, um nachhaltige Konsumentscheidungen zu treffen, dies nicht tun, da es sie in Ihrem Luxus und ihrer Freiheit einschränken würde. Ich habe den Wunsch, dass die Bewahrung der Natur und die damit für uns verbundenen Einschränkungen, nicht als Verzicht, sondern als unerlässliche Maßnahme gesehen wird, die es JETZT braucht, damit wir weiterhin ein gutes Leben auf der Erde führen können.

Zudem bin ich der Meinung, dass jeder Mensch in seinem Leben eine Aufgabe hat. Wünschenswert wäre in meinen Augen, dass mehr Menschen in die Verantwortung gehen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Sei es durch den eigenen Job oder ein gesellschaftliches Engagement, zum Beispiel. Dabei braucht es natürlich Zuversicht und Mut, dass eine positive Veränderung möglich ist.

Die Tatsache, dass viele Konflikte vermehrt mit Gewalt gelöst werden – große als auch kleine, alltägliche Konflikte – macht mir Angst. Es braucht mehr Toleranz und Empathie, um das Gegenüber besser zu verstehen und Konflikte gar nicht erst anschwellen zu lassen. Letztlich ist es, denke ich, so wichtig, immer in der Kommunikation zu bleiben und sich nicht von der anderen Seite abzuwenden.